Watson hat das Zeug zum Thought-Leader. Kein Wunder, denn er ist sozusagen das Kind eines Unternehmens, das bekennend erweise Thought-Leadership als Management-Strategie verfolgt: IBM. Kennen Sie überhaupt schon Watson, das geniale Computer-System mit Künstlicher Intelligenz von IBM? Es dürfte Ihnen in letzter Zeit auf diversen Webseiten per Videoclip begegnet sein. Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Aneinanderreihung von Testimonials von Leuten, die Watson kennen. Aber nein, es ist Watson selbst, der zu Ihnen spricht. Also nicht direkt, sondern als Ärztin, als Schulkind, als Hipster im überfüllten Bus, als Geschäftsmann und so weiter.
Sie sollten entweder dem Englischen mächtig sein, oder deutsche Untertitel schnell lesen können, denn der Spot ist nur im Original zu sehen. Eine deutsche Fassung fehlt bislang offensichtlich.
Watson ist Künstliche Intelligenz und Cognitive Computing
Was sagen Sie, Sie wollen keinen Watson haben? Auch nicht für daheim, für die Kinder? Schließlich kann Watson auf Ihre Fragen wirklich gute, fundierte und oft auch witzige Antworten geben.
In einem IBM-Videoclip sehen wir Watson im Gespräch mit Bob Dylan. In einem unterhaltsamen Dialog fasst die Maschine Watson das Schaffenswerk Dylon's besser zusammen als jeder Redakteur des Rolling Stone es könnte. Zugegeben, auch diesen Spot gibt's meines Wissens nach nur auf Englisch. Watson kann offensichtlich alles, nur kein Deutsch. Aber Watson ist in diesem Gespräch wirklich clever und ehrlich, das muss man ihm lassen.
Aber zurück zum Thought-Leadership - und zum Kern von Watson. Watson ist Teil der übergreifenden, internationalen Thought-Leadership-Kampagne "Smarter Planet" von IBM. Diese Kampagne zählt zu den erfolgreichsten Thought-Leader-Kampagnen überhaupt.
Watson ist von überragender Bedeutung für IBM, für das internationale Geschäft, für die Positionierung und für die Zukunft der Marke. An Watson ist ein extrem hohes wirtschaftliches Ziel geknüpft. Näheres dazu können Sie hier in diesem Artikel des Online-Magazins Heise nachlesen.
Was hat Cognitive Computing mit Thought-Leadership zu tun?
Watson basiert wie gesagt auf Cognitive Computing. Dieser Begriff hat bei Google gerade mal relativ magere 535.000 Suchergebnisse (Stand Juni 2016). Zum Vergleich: "Big Data" hat mehr als 57.000.000 Suchergebnisse und "Industrie 4.0" (ein eher deutscher Begriff) verzeichnet allein schon 850.000 Suchergebnisse. Watson ist die Krönung des Cognitive Computing - aber diesem Begriff scheint noch nicht wirklich der Boden bereitet zu sein. Sehr, sehr schade.
Denn Cognitive Computing ist die Lösung für die Wissensprobleme der Menschheit. Es ist die Fähigkeit, unser gesamtes Weltwissen aus den unterschiedlichsten Disziplinen zu vernetzen, neu zu interpretieren und daraus unvorstellbare, innovativste Lösungsansätze zu finden für Aufgaben wie die Bekämpfung sämtlicher Volkskrankheiten, die Herstellung des Weltfriedens, und den Wohlstand für alle Menschen sowie den Schutz der Umwelt.
Aber, das könnten Ihnen die IBM-Leute sicher besser erklären. Tun Sie nur leider nicht. Zumindest vielleicht nicht in dieser Deutlichkeit. Aber Texte von Bob Dylan zu interpretieren, das kann Watson nachweislich. Und dieser Spot wurde bei YouTube mehrere Millionen mal gesehen. Nur, Watson bzw. "Cognitive Computing" könnte sich gerne noch etwas stärker international entwickeln. Das suggeriert zumindest ein Blick auf Google Trends (Stand März 2016).
Thought-Leader Watson in der Celebrity-Falle
Vielleicht kennen Sie bereits unsere Thought-Leader Matrix. Wir haben herausgefunden, dass Thought-Leader zwei wichtige Dimensionen im vollen Umfang erfüllen. Sie genießen höchste Autorität bei ihrer Zielgruppe und sie erzielen große Reichweite oder Popularität. Experten haben zwar hohe Autorität, aber sie sind nur einer geringen Anzahl von Menschen bekannt, oftmals Insidern.
Das ist zum Beispiel das Problem vieler Nobelpreis-Träger. Sie sind Vordenker auf ihrem Gebiet und helfen damit der Menschheit weiter. Aber ihre hohe Autorität wird nicht von einer entsprechenden Reichweite außerhalb ihrer engsten (wissenschaftlichen) Community reflektiert. Das ist völlig in Ordnung, wenn sie nicht den Anspruch haben, andere Menschen in ihre Mission einbinden und sie mobilisieren zu wollen.
Watson ist auf jeden Fall schon mal ein eindeutiger Experte - wahrscheinlich für so ziemlich jede Wissenskategorie. Das hat er auch schon 2011 massenwirksam im US-TV bei der Rateshow "Jeopardy" bewiesen. Dort schlug er den vielfachen Champion der Show. Vor 20 Jahren setzte der IBM Rechner Deep Blue den Schach-Weltmeister Garri Kasparov schachmatt. Heute sind wir bei namenslosen Rateprofis von Fernseh-Shows angekommen.
Watson ist TV-Celebrity - und teilt deren Medien-Schicksal. Denn die Dauer unserer Aufmerksamkeit für Gewinner von Rateshows ist nun einmal kurz. Und das wäre in unserer Attention Economy für eine Marke wie IBM desaströs. IBM Watson ist ein Celebrity mit hoher Reichweite. Er wird es aber vielleicht nur solange bleiben, wie die "virale Werbekampagne" für Watson on air ist. Und dann? Watson wird sich nur in unserem Bewusstsein verankern, wenn er bzw. IBM weitere Autorität aufbaut.
Was fehlt Watson auf dem Weg zur Thought-Leadership?
Watson hat das Zeug zum Thought-Leadership. IBM kann mit dieser Form der künstlichen Intelligenz unzählige Menschen für viele große Anliegen der Menschheit mobilisieren und sie mit Watsons Unterstützung zu Erfindern und Forschern machen. In einem FAZ-Artikel können Sie ganz gut die Debatte um Watsons Nutzen verfolgen.
Watson bringt vieles mit, um Thought-Leadership für modernes Computing, für Künstliche Intelligenz und für die Vorherrschaft von IBM auf den weltweiten High Tech Märkten zu erlangen. Aber ihm fehlt noch etwas Wichtiges: die Nähe zum Menschen.
Bitte, werden Sie vielleicht sagen? Haben Sie sich im Blog vertan und sind bei einer Esoterik-Seite gelandet? Nein, nicht ganz. Sie haben vielleicht schon mal etwas von Love Brands gehört? Oder von emotionaler Markenbindung. Oder von Kundenvertrauen. All das sind unscharfe, emotionale Begriffe, die sich nicht sofort in Dollar und Euro messen lassen. Und da liegt für Watson das Problem und die Lösung zugleich.
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Wie kann IBM aus Watson einen Thought-Leader machen?
Watson benötigt unbedingt noch drei Komponenten, die für eine Thought-Leadership Positionierung unabdingbar sind. Um für IBM Thought-Leadership zu erreichen, braucht Watson eine kundenrelevante Identität, Kundennähe durch Storytelling und eine Community, die Watsons Vorhaben im Markt vorantreibt.
1. Watson braucht eine Identität
Sie haben bis jetzt vielleicht geglaubt, Watson sei benannt worden nach dem legendären und imaginären Assistenten von Sherlock Holmes, Dr. John H. Watson, der ihm als treuer Freund und Begleiter bei den kniffeligsten Kriminalfällen geholfen hat? Weit gefehlt. Der Supercomputer wurde benannt nach dem ersten Präsidenten und Firmengründer von IBM, Thomas J. Watson (1874-1956).
Das ist für IBM als "Employer Brand" und für die Mitarbeiter des Konzerns sicherlich identitätsstiftend und spannend. Aber vielleicht nicht für die Zuschauer von Jeopardy und vielleicht erst recht nicht für die Menschen, die es für Watson zu mobilisieren gilt.
Die Resonanz einer Marke hat mit den Assoziationen und Bedeutungsfeldern zu tun, die ihren Markennamen ausmachen. Also könnte IBM nur gut daran tun, diesen Namen aufzuladen mit positiven und zukunftsorientierten Botschaften. Schließlich soll es der IBM-Chef Thomas Watson selbst gewesen sein, der 1943 gesagt haben soll: „Ich glaube, dass es auf der Welt einen Bedarf von vielleicht fünf Computern geben wird.“
2. Watson braucht Nähe zu den Menschen
Watson wird uns als sprechende, runde, blaue und atomartige Weltkugel auf einem Bildschirm gezeigt. Alternativ wird Watson etwas unheimlich durch Menschen im Videoclip symbolisiert, die seinen Text sprechen. Das ist ggfs. nicht optimal, um Watson relevant zu machen für breite Teile der Bevölkerung - und für die schaltet IBM nun mal derzeit Werbung.
Kennen Sie noch HAL 9000? Das war in Stanley Kubrick's Film "2001 - Oddyssey im Weltraum" der Supercomputer eines Raumschiffs, der autark alle Entscheidungen für die Besatzung fällte. Und irgendwann kam HAL auf die Idee, Mitglieder der Besatzung zu eliminieren. IBM's Watson wird gelegentlich mit HAL 9000 verglichen und nährt so potenziell die Angst der Menschen, von Computern bevormundet zu werden. Selbst der CEO von IBM (Ginni Rometti) wirbt daher um mehr Vertrauen gegenüber Watson. In einem Artikel des Online-Magazins Business Insider betont er, man "müsse keine Angst vor Watson haben".
Wenn IBM die Technologie von Watson den Menschen näher bringen will, muss professionelles Storytelling her. Grundregel Nummer eins des Thought-Leadership-Storytelling bei abstrakten Produkten und Konzepten: Erzählen Sie persönliche Geschichten, bei denen Ihr (High Tech) Produkt ganz konkret und nachweislich das Leben der Menschen und den Planeten ein wenig besser gemacht hat.
IBM kann doch sicher bereits echte Ärzte zeigen, die bereits mit Watsons Hilfe Diagnosen nachweislich verbessert haben und Patienten zeigen, die dadurch geheilt werden konnten. Dafür werden sich Menschen engagieren, mithelfen und Watson ganz nach vorn zur Thought-Leadership Ziellinie tragen.
3. Watson braucht eine Thought Leader Community
Thought-Leader erzeugen eine Anziehung, die Menschen für ihre Sache mobilisiert. Menschen wollen Teil der Aktivität des Thought-Leaders sein, weil sie sich mit ihm und mit seinen Werten identifizieren. So zuletzt geschehen bei Konzernen wie Apple, Zappos oder Amazon.
Wir bei Thought Leader Systems sind keine Super-Techniker und wir ziehen ehrfürchtig den Hut vor dem IT-Genius hunderter IBM-Mitarbeiter, die Watson als ständig lernende Cloud-Lösung geschaffen haben. Aber wir kennen uns ein wenig mit Thought-Leader Geschäftsmodellen (eben: Thought Leader "Systems") aus.
Und wir wünschen IBM, dass das Unternehmen seinen Watson allen Menschen zugängig macht, um nicht nur die Rechen-Power des Systems zu stärken, sondern auch die Power der Menschen zu steigern, die Watson in ihr Leben integrieren möchten. Google hat das z.B. mit seinem "Watson" (Sie gestatten die Analogie...) namens "Google Search" geschafft. Und mit Google+ vielleicht eher weniger.
Wird IBM Watson ein Teil unseres Lebens?
IBM betont, dass die Hardware von Watson in drei Pizzakartons passe. Wenn das so ist, dann sollte der Konzern sein "Cognitive Computing" genauso selbstverständlich und attraktiv wie Pizza machen - und genauso einfach zugänglich. Dann gehört Watson in jede Studentenbude, in der über Start-ups gebrütet wird. Dann gehört Watson in alle Unis und Schulen, die diese Computing-Power auch für kleine Forschungsanliegen einsetzen. Und dann gehört Watson in alle Entwicklerkreise, die mit dem IBM Watson Ökosystem eine Plattform und eine Massenbewegung (Movement) schaffen, wie es zuletzt nur Open Source-Bewegungen wie z.B. WordPress geschafft haben.
Wohlgemerkt, es geht dabei weniger um die technische Zugangsmöglichkeit und die API-Schnittstellen (Accessibility) sondern mehr um die Sog-Wirkung auf Kunden und Partner (Attraction), die IBM durch exzellentes Thought-Leadership-Marketing für Watson erzeugen könnte. Also, daher zum Abschluss noch ein Aufruf an alle Entwickler, Programmierer und IT-Könner unter uns. Engagieren Sie sich im Watson Ecosystem bzw. in der Watson Developer Cloud. Damit helfen Sie Menschen, die mit Watson den Planeten besser machen können. Und Sie helfen Watson auf dem Weg zum Thought Leadership.